Ein Plädoyer für AMW

Im vergangenen Oktober kam die Diskussion um den Namen unseres Studienganges „Angewandte Medienwissenschaft„, kurz AMW, den Thomas und ich studiert haben, hier am Institut für Medien und Kommunikationswissenschaft (IfMK) in Ilmenau auf. Damals haben zwei Kollegen meines Fachgebiets und ich über ein internes Plädoyer an unseren Kollegenkreis unsere Befürwortung für den etablierten Studiengangsnamen ausführlich begründet. Da die Diskussion seit der Absolventenrede von Jan am vergangenen Samstag in seinem Blog erneut entstanden ist, möchten wir das Plädoyer vom 03. November 2010 nun an dieser Stelle veröffentlichen, um unsere Unterstützung zu bekräftigen. Gerne könnt Ihr Euch natürlich auch an der Diskussion beteiligen! Hier also der zitierte Wortlaut :

„Liebe Kolleginnen und Kollegen,

da uns die Veranstaltung zur Curriculumsreform in der letzten Woche innerlich doch ziemlich aufgewühlt hat, möchten wir uns heute nochmals zur geplanten Namensänderung unseres Studiengangs „Angewandte Medienwissenschaft“ äußern. Wir wollen uns auf diese Weise für den bestehenden Namen stark machen, auf seine positiven Seiten hinweisen und für all Jene, denen AMW am Herzen liegt, eine Lanze brechen:
1. Eine Namensänderung ist zunächst vor dem Hintergrund einer erforderlichen langfristigen Etablierung des neuen Namens in Frage zu stellen. Der Studiengang AMW erfreut sich großer Beliebtheit, was die aktuellen Studentenzahlen und Entwicklungen in den letzten Jahren deutlich belegen. Eine Änderung ist aufwändig, langwierig und mit zusätzlichen Kosten verbunden, die bisher nicht abgeschätzt werden können.

2. AMW hat ein entscheidendes Alleinstellungsmerkmal. Er verbindet wie kein anderer Studiengang vordergründig kommunikationswissenschaftliche Forschung derart mit medienpraktischer Anwendung. Die Betonung liegt dabei wohlgemerkt auf der nicht unbeträchtlichen Verankerung in der Lehre mit Formaten, wie z.B. Medienprojekten, Praxiswerkstätten, berufsorientierenden Anwendungsbereichen und Projektmanagement. Durch Kommunikationswissenschaft im Namen reihen wir uns in die vielen Angebote an anderen Universitäten und Fachhochschulen ein, was für den Wettbewerb um Studenten auch aufgrund des nicht von der Hand zu weisenden Standort-Nachteils von Ilmenau nicht unbedingt förderlich erscheint. Daher sollte der Begriff „Medienwissenschaft“ an sich hier weitergedacht werden als nur in seiner wissenschaftstheoretischen Ansiedlung der Forschungs-Community.

3. AMW ist nicht einfach ein Name sondern vielmehr eine etablierte Marke, die deutschlandweit mittlerweile einen hohen Bekanntheitsgrad erreicht hat – Tendenz steigend. An dieser Stelle sollte bedacht werden, dass unseren Alumni in den unterschiedlichsten (Medien-)Unternehmen der Name AMW durchaus im Gedächtnis geblieben ist und darüber hinaus bei Einstellungsgesprächen auch zunehmend Beachtung findet. Tatsächlich suchen Unternehmen gezielt nach AMWlern und in manchen Unternehmen (es gibt Fallbeispiele in Wolfsburg und Berlin) wurden bereits inoffiziell so genannte „AMW“-Abteilungen gegründet. Diese Absolventinnen und Absolventen entscheiden in der Zukunft maßgeblich auch über finanzielle Unterstützungen von Vorhaben in und rund um den Studiengang und sollten daher nicht außer Acht gelassen werden!

4. Ein Titel wie z.B. „Angewandte Kommunikationswissenschaft und Medien“ würde zwar weiterhin das geliebte „Angewandte“ beinhalten aber der hohe Stellenwert der Medien geht unserer Ansicht nach hier verloren. An dieser Stelle sollte nochmal deutlich gemacht werden, dass viele AMWler tatsächlich bei uns studieren, weil sie sich für die „Medien“ im Titel entscheiden, da Ihnen eine Unterscheidung der Medien- von der Kommunikationswissenschaft zu Beginn und sogar während ihres Studiums kaum geläufig ist. Außerdem wollen wir hervorheben, dass an der TU auch immer von drei MEDIENstudiengängen gesprochen wird (siehe 3-Säulen-Modell).

Wir möchten daher abschließend unbedingt darum bitten, ein gesamtes Stimmungsbild auch bei Studierenden und Absolventen einzuholen, bevor man einen solchen etablierten Namen ändert!

Beste Grüße von der MT-Absolventin Janine Liebal und den beiden AMW-Absolventen Oliver Klosa und Marcel Kirchner“

[Update 25. Januar 2011]: Dr. Martin Emmer hat sich ebenfalls in seinem Blog sehr wertvoll zur Namens-Debatte geäußert! Auch dort kann die Diskussion gerne weitergeführt werden!

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Über Marcel

Dr. phil. Marcel Kirchner ist seit Januar 2018 bei der Continental AG im Bereich Group Functions IT als Solution Manager für Collaboration Applications tätig und beschäftigt sich hier vor allem mit dem Schwerpunkt Modern Workplace Learning sowie dem Einsatz von Social Collaboration-Tools als Service Owner für SharePoint Online im Zusammenspiel mit anderen Applikationen wie z.B. Microsoft Teams und HCL Connections. Bis Ende 2017 war er als Collaboration-Berater und Trainer bei der GIS AG beschäftigt und half dort beim Aufbau der Corporate Learning-Abteilung. Als Diplom-Medienwissenschaftler war Marcel Kirchner bis Februar 2013 wissenschaftlicher Mitarbeiter und Promotionsstudent im Fachgebiet Kommunikationswissenschaft der Technischen Universität Ilmenau. Er beschäftigte sich hier mit dem Einsatz von Social Software und insbesondere E-Portfolios vor allem in der Hochschullehre.

8 Gedanken zu „Ein Plädoyer für AMW

  1. Philipp

    Ich finde, dass es wirklich wichtigere Dinge gibt, als über einen etablierten Namen zu diskutieren – wenn er auch in mancher Hinsicht irreführend ist. Die Argumente von euch kann ich deshalb nur ganz fett unterstreichen!

    Die Idee mal ein „Stimmungsbild“ bei den AMW-Studierenden einzuholen finde ich gut, sollte aber weit über Banalitäten wie den Namen hinausgehen.
    Die Meinungsbasis, auf der die verschiedenen studentischen Gremien, Institutsleitung und Studiengangkommision miteinander diskutieren/optimieren/schwadronieren beläuft sich in vielen Fällen meiner Einschätzung nach nur auf Bruchteile der AMW-Studierenden. So liefern z.B. Einzelmeinungen in irgendwelchen StudiVZ-Gruppen meiner Meinung nach keine Grundlage für eine Diskussion, ebensowenig die kaum wahrgenommenen Termine zur „Aussprache mit dem Fachschaftsrat“, wo entweder keiner kommt oder dann doch nur akute Probleme – v.a. mit einzelnen Dozenten – geklärten werden können.

    Bereits in meinen ersten beiden Semestern habe ich deshalb mehrfach den Vorschlag an ein Mitglied der Studiengangskommission gerichtet, empirisch aussagekräftige und regelmäßige Evaluationsstudien (quasi als Vollerhebung) durchzuführen. Leider stieß ich damit auf taube Ohren.

    Die „Konkurrenz“ von der Uni Augsburg, die zumindest Marcel an anderer Stelle schon als Vorbild gedient hat, führt regelmäßige solche Befragungen unter den Studierenden durch (leider kann ich gerade keinen Link dazu finden.)
    Anhand der Ergebnisse ließen sich so Problemfelder bei Studienbedingungen, Lehrformen, Inhalten, etc. aufdecken und dann in einem zweiten Schritt nochmal eingehender untersuchen (da steckt schon Potenzial für das ein oder andere Forschungsseminar drin). Darauf aufbauend könnte man dann wiederum konkrete kurz- bis langfristige Ziele setzen und Wege finden, den Studiengang AMW noch studierbarer, attraktiver, wettbewerbsfähiger, anspruchsvoller zu machen.

    Die Gremien sind zweifellos wichtige Organe der studentischen Mitbestimmung, aber über die Meinungen und Ideen einzelner Vertreter hinaus sollte auch das Potenzial der großen Masse dahinter erkannt werden. AMW-Crowdsourcing sozusagen (aber bitte nicht mit der Plattform von der smarten Softwareschmiede). Oder macht mal ein AMW-BarCamp, was weiß ich – aber tut was, ihr lieben Verantwortlichen.
    Es gibt viele Möglichkeiten und viele Leute die Ideen haben. Freut euch über tolle CHE-Rankings, von mir aus. Aber seid auch anspruchsvoll. Seid visionär. Seid mutig. Seid modern. Seid anders. Seid ambitioniert, liebe Freunde der AMW.

  2. Pingback: Meine Sicht auf das AMW-Problem « mjemmer's Blog

  3. Astrid

    Ich finde das 4. Argument am wichtigsten. „Angewandte“ und „Medien“ im Namen waren genau die Gründe, aus denen ich überhaupt angefangen habe, mich für diesen Studiengang zu interessieren. Ich kann zwar keine statistisch belastbaren Fakten dazu liefern, aber vielen Mitstudenten, mit denen ich damals als Ilmenau-Frischling gesprochen habe, ging es genauso. Der Name „Angewandte Medienwissenschaft“ sollte erhalten bleiben, um Studieninteressierten in 2 Worten zu signalisieren, dass sie hier richtig sind, wenn sie auch praktisch mit Medien experimentieren wollen.

  4. Pingback: Über meine Absolventenrede an der TU Ilmenau und über AMW-Reputation | PorNoKratie

  5. Marcel B

    Ich kann den Argumenten nur zustimmen! Wieso ein derartiges Alleinstellungsmermal ändern?! Gerade wo es sich doch so deutlich von anderen Angeboten abhebt. Pro AMW!!!

  6. von der Weide

    Quote: Marcel B
    „um Studieninteressierten in 2 Worten zu signalisieren, dass sie hier richtig sind, wenn sie auch praktisch mit Medien experimentieren wollen.“

    Praktisch experimentieren ist das richtige Wort! Die Frage, wie wichtig der Name eines Studienganges ist, kann doch egal sein. Wichtig ist der Lehr- und nicht Leerinhalt. Es gibt besseres zu tun, als sich mit so belanglosen Dingen zu beschäftigen. gn8

  7. Eva

    @von der Weide: das sehe ich anders. Sicherlich sind die Inhalte entscheidend. Aber man sollte insbesondere mit Blick auf die Entscheidungsträger in den Personalabteilungen das „Äußere“ nicht vernachlässigen. Der Name ist nunmal das Augenscheinliche. Mal ehrlich welcher Personaler liest sich die Modulbeschreibungen durch??? Was ich allerdings inzwischen schon erfreulich oft gehört habe: viele Firmen suchen gezielt nach „AMWlern“ das heißt, der Ruf der AMW eilt uns voraus. Das zu gefährden nachdem der Ruf der AMW nun über so viele Jahre mühsam aufgebaut wurde, finde ich mehr als fraglich…

  8. Anja

    Ich frage mich, welcher Kommunikationswissenschaftler etwas über Medientechnik, Informationstechnik, Elektrotechnik oder andere technisch-mathematische Fächer lernt. Ich habe mich für diesen Studiengang entschieden, da er sowohl kommunikationswissenschafltiche als auch technisch-mathematische und wirtschaftliche Aspekte behandelt. Diese Facetten kommen in der Bezeichnung Kommunnikationswissenschaft nicht zur Geltung, auch nicht, wenn noch ein „und Medien“ hinzugefügt wird.
    Das Besondere an diesem Studiengang ist definitiv die Interdisziplinarität, die der Standort einer TU ermöglicht. Würde der Studiengang nur Kommunikationswissenschaft heißen, dann wären die zwei weiteren Säulen des Ilmenauer Modells nicht mehr notwendig. Und für mich gäbe es keinen Grund mehr, sich für diesen Studiengang zu entscheiden.. Wir heben uns durch die Vielseitigkeit ab und zeichnen uns dadurch aus, dass wir nicht „nur“ kommunizieren können.

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