1. Motivation des Themas

Die Bedeutung des Internets für Jugendliche und junge Erwachsene nimmt stetig zu. Aktuelle Studien wie z.B. die für bundesdeutsche Erwachsene ab 14 Jahren repräsentativen ARD/ZDF-Onlinestudien belegen, dass nahezu jeder zwischen 14 und 29 Jahren zumindest gelegentlich im World Wide Web unterwegs ist1. Bei den 14- bis 19-Jährigen liegt bei der durchschnittlichen täglichen Mediennutzung2 bereits heute das Internet mit 123 Minuten vor den klassischen Medien TV mit 97 und Radio mit 89 Minuten gegenüber der Gesamtbevölkerung (Internet: 70 min; TV: 228 min; Radio 182 min). Genutzte Onlineanwendungen3 sind hierbei vornehmlich Suchmaschinen, E-Mails, Instant Messaging sowie Online Communitys wie StudiVZ oder Facebook.

Bereits im Oktober 2005 brachte der Designer und E-Learning-Experte des National Research Council of Canada, Stephen Downes, den Begriff „E-Learning 2.0“ hervor, dessen Kriterien das mediengestützte, elektronische Lernen in seiner bis dahin bekannten Form durch den Einsatz markanter Social Software aus dem Web-2.0-Bereich verändern kann. Die Versionierung, die im selben Jahr von Tim O’Reilly für das Web allgemein eingeführt wurde, beschreibt hierbei eher eine Veränderung des Internets hinsichtlich seiner Wahrnehmung und Handhabung als eine softwaretechnologische Weiterentwicklung. Das Web hat sich stärker an die Bedürfnisse des Nutzers angepasst. Es entstehen große Kommunikationsnetzwerke, in denen immer deutlicher wird, dass das Internet vom „Read-only-Web“ zum „Read-Write-Web“ avanciert. Nie war es einfacher Text, Bild, Audio, Video und Multimedia zu erstellen, zu teilen, zu verändern und zu veröffentlichen, als im Web 2.0.

E-Learning 2.0 versucht die herkömmlichen abgeschlossenen Lernergruppen sowie die festen Start- und Endpunkte eines Seminars, des Unterrichts und der Ausbildungszeiten aufzubrechen. Die neuen Werkzeuge wie Weblogs, Podcasts, Wikis und weitere Social Software ermöglichen den Austausch über Bildungs- und Lernthemen mit den Kommilitonen, Schulkollegen und Gleichgesinnten weltweit und fördern so die Vernetzung, auch durch die Verbreitung und Aggregation anhand von Feeds untereinander. Daher wird über den Einsatz von Social Software im Bildungskontext insbesondere im Forschungsbereich des medien-gestützten Lernens derzeit auch viel diskutiert.

Schaut man sich jedoch Studien zur Nutzung von Web-2.0-Werkzeugen an, wird deutlich, dass die vermutete massenhafte Verbreitung noch gar nicht stattgefunden hat. In Abbildung 1 ist erkennbar, dass sich vor allem Videoportale, private Netzwerke sowie die Wikipedia hoher Beliebtheit bei den 14- bis 19-Jährigen erfreuen. Weblogs hingegen spielen nur eine untergeordnete Rolle.

Web-2.0-Nutzung (min. wöchentlich)
Abb. 1: Web-2.0-Nutzung (min. wöchentlich)

Einen weiteren Aspekt verdeutlicht die Abbildung 2, in der ersichtlich wird, dass gerade einmal in privaten Netzwerken ein nahezu ausgeglichenes Verhältnis zwischen aktiver und passiver Nutzung der Web-2.0-Angebote besteht. Gerade bei den Paradebeispielen für die kollaborativen Möglichkeiten des Read-Write-Web der Wikipedia und den Videoportalen beteiligt sich nur ein kleiner Prozentsatz an der Produktion der Inhalte.

Aktive und passive Nutzung
Abb. 2: Aktive und passive Nutzung

Dieser Unterschied zwischen aktiver und passiver Nutzung von Web-2.0-Angeboten lässt sich auch in zahlreichen weiteren Studien nachweisen, wie auch Schulmeister (2008: S. 105ff.) feststellt. Zusammengefasst geht aus den Studien hervor, dass in Deutschland nahezu alle Jugendlichen und junge Erwachsene (also insbesondere auch Studierende) einen Zugang zum Internet haben (meist mit Breitband und Flatrate), regelmäßig das Web aufsuchen (im Durchschnitt mehr 2 Stunden sind keine Seltenheit), es aber vornehmlich passiv (mit Ausnahme von Social-Networking-Seiten) und für den informellen Kontext (Austausch mit Freunden, Musik hören, Informationen suchen) verwenden.

Die Frage in der Medienpädagogik ist nun, wie man die eher informelle Nutzung dieser Werkzeuge für den formalen Kontext brauchbar machen kann. Das Promotionsvorhaben versucht genau an diesem Punkt anzusetzen und geht dabei der Frage nach, ob die eng miteinander verbundene Förderung von Medien- und Selbstlernkompetenz die Güte und Intensität des selbstorganisierten Lernens (nachhaltig) unterstützen kann?

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  1. Entwicklung Onlinenutzung in Deutschland – http://www.ard-zdf-onlinestudie.de/index.php?id=onlinenutzung-prozen (zugegriffen am 21.10.2009)
  2. van Eimeren, Birgit und Frees, Beate (2009): Der Internetnutzer 2009 – multimedial und total vernetzt? – http://www.ard-zdf-onlinestudie.de/fileadmin/Online09/Eimeren1_7_09.pdf, S. 348 (zugegriffen am 21.10.2009)
  3. Genutze Onlineanwendungen 2009 – http://www.ard-zdf-onlinestudie.de/index.php?id=onlinenutzung-anwend (zugegriffen am 21.10.2009)

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