2. Theoretischer Rahmen & Begrifflichkeiten

Zum Abstecken des theoretischen Rahmens wurde folgende Abbildung eines selbstorganisierten Lernens in einer persönlichen Lernumgebung entworfen (Abb. 3).

Selbstorganisiertes Lernen in der persönlichen Lernumgebung
Abb. 3: Selbstorganisiertes Lernen in der persönlichen Lernumgebung

Beim selbstorganisierten Lernen steht das Individum im Mittelpunkt, welches je nach Selbstlernkompetenz vermag Strategien und Methoden und je nach Grad der Medienkompetenz Medien und Werkzeuge selbstorganisert für das Lernen im informellen und formalen Kontext einzusetzen. Im Zusammenspiel gestaltet das Individum hierbei un- und bewusst die eigene persönliche Lernumgebung. Selbstorganisation wird hierbei auf der Ebene der Person als die vorrangig selbstbestimmte Entstehung von Ordnung mit eigenen Zielen und Absichten betrachtet (vgl. Reinmann 2009: S. 3).

In Anlehnung an Reinmann (2009: S. 4, vgl. auch Sembill 2007 et al.) soll selbstorganisiertes Lernen in der zu erstellenden Arbeit unter Berücksichtigung folgender drei Dimensionen betrachtet werden:

  • Selbstregulation meint die die innere Strukturierung des Lernens anhand von kognitiver, metakognitver sowie emotional-motivationaler Kontrolle (unsichtbare Ordnung).1
  • Selbststeuerung hingegen befasst sich mit der äußeren Strukturierung des Lernens, also in Abhängigkeit des Handlungs-, Gestaltungs- und Entscheidungsspielraumes (sichtbare Ordnung).2
  • Selbstbestimmung wiederum wird als das in Einklang bringen von innere Ziele und Normen mit äußeren Anforderungen und Gegebenheiten verstanden, wobei beim Idealfall die intrinsische Handlungsregulation vorliegt (= Maximum an Gestaltungs- und Entscheidungsfreiheit bei eigenen Zielen und äußeren Bedingungen).3

Der Einsatz von Web-2.0-Werzeugen im pädagogischen Kontext setzt ein hohes Maß an Selbstregulation voraus, jedoch ist „[…] nicht jeder in der gleichen Weise in der Lage und willens, in nicht vorstrukturierten Kontexten in völliger Eigenregie und damit selbstgesteuert zu lernen. Je weniger Expertise Lernende in einer Domäne oder einem Thema besitzen, was meist auch mit geringerem Interesse verknüpft ist, umso schlechter können sie gegebene Chancen zur Selbststeuerung nutzen.“ (Reinmann 2009: S. 6)

Ziel des Promotionsvohabens soll es daher sein gezielt Selbstlernkompetenzen zu fördern, um folgenden Anforderungen aus pädagogischer Sicht in einer Informations- und Wissensgesellschaft gerecht zu werden:

„Der Einzelne muss zunehmend in die Lage versetzt werden, ihn interessierende Fragestellungen oder von ihm zu lösende Probleme selbstständig zu konturieren, den zu ihrer Bearbeitung erforderlichen Informationsraum zu definieren und aus der Fülle von Informationen diejenigen auszuwählen, die zur Beantwortung der Frage beziehungsweise Lösung des Problems beitragen könnten. Er muss Antwort- oder Lösungsmöglichkeiten selbstständig entwerfen und auf ihre Tragfähigkeit überprüfen sowie eigenständig über deren Annahme oder Verwurf entscheiden können. Dabei anfallende Lern- und Arbeitsprozesse hat er ebenfalls selbstorganisiert und -regulierend durchzuführen.“ (Kaiser 2003: S.13)

Wie bereits im vorherigen Kapitel erwähnt sind gerade die Nutzungsformen, die das Web 2.0 ausmachen, also die aktiv-produzierende, kreativ-gestalterische und partizipatorische Nutzung, nur zu einem geringen Teil vertreten. Basierend auf der Hypothese des Autors, dass dies auf mangelnder Selbstlernkompetenz auf der einen und fehlender Medienkompetenz auf der anderen Seite liegt, soll innerhalb der Untersuchung insbesondere die Fähigkeit zum medienkompetenten Einsatz internetgestützter Werkzeuge für eben diese Web-2.0-typischen Nutzungsformen gefördert werden.

Gerade im medienpädagogischen Kontext kommt der Differenzierung des Begriffs Medienkompetenz von Baacke (1999) große Bedeutung zu, weshalb auch in der anstehenden Untersuchung die vier Dimensionen Medienkritik, -kunde, -nutzung und -gestaltung als Ausgangspunkt zur Operationalisierung hin zu einer Digital Media Literacy dienen soll.

Im Zusammenhang mit dem Einsatz von Web-2.0-Werkzeugen im Bildungskontext wurde in den letzten Jahren die Diskussion über die Gestaltung einer persönliche Lernumgebung (engl. Personal Learning Environment, kurz PLE) immer wieder vorangetrieben. Mark van Harmelen (2006) definiert daher „Personal Learning Environments are systems that help learners take control of and manage their own learning.“ Stephen Downes (2007) ergänzt: „The PLE allows the learner not only to consume learning resources, but to produce them as well.“ Letztlich erweitert Neuhaus (2007): „Entscheidender Vorteil […] des PLE gegenüber [… z.B.] Moodle ist, dass die persönliche Lernumgebung unabhängig von der Institution für den Nutzer erhalten und zugänglich bleibt und mit dem Lernenden mitwächst. Der Prozess des allseits gepriesenen lebenslangen Lernens wird damit optimal unterstützt.“

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  1. z.B. Lernstrategien bei digitaler Portfolio-Arbeit mit Web-2.0 Anwendungen (z.B. Häcker & Lissmann 2007)
  2. z.B. angeleiteter oder informeller Einsatz von Web-Werkzeugen (z.B. Jadin, Richter & Zöserl 2008)
  3. z.B. Autonomieerleben im Kontext des Bloggens (z.B. Reinmann & Bianco 2008

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