When URL-Shorteners shorten your data

Heute morgen weckte eine Twitter-Nachricht von Michael Wünsch, wonach der Kurz-URL-Dienst tr.im seinen Dienst zum Jahresende einstellt, mein Interesse. In weiser Vorahnung verwies Michael über einen anderen Dienst (bit.ly) auf die Seite von Mashable, wo zu lesen war, dass man nicht nur zum 1. Januar 2010 wegen mangelndem Erlösmodells aufhört, sondern dann auch die bei tr.im erstellten verkürzten URLs nicht mehr funktionieren werden! Da auch ich seit einigen Monaten tr.im zum „Eindampfen“ der meist zu langen URLs beim Twittern (max. 140 Zeichen pro Tweet) verwende, warf dies doch einige z.T. grundsätzliche Bedenken bei mir auf:

  1. Was passiert, wenn Spammer die tr.im-Datenbank kaufen und auf Spam oder Malware verlinken?
  2. Werden auch andere URL-Verkürzer über kurz oder lang verschwinden und welchen Dienst soll ich dann wählen?
  3. Welche Folgen hat das Aus für mein persönliches Wissensmanagement bzw. was lerne ich für mich aus dem Shutdown von tr.im?

Zu 1.: Eric Woodward von tr.im schließt zwar im Blog den Verkauf an Spammer kategorisch aus: „I will not sell the domain name to spammers or speculators for any price.“ Aber wie verlässlich ist die Aussage, wenn vielleicht das Geld noch knapper werden sollte? Sollte man seine Tweets mit tr.im-URLs sicherheitshalber löschen? Was meint ihr?

Zu 2.: Natürlich habe ich mich nach dem Lesen der Nachricht direkt nach einer Alternative zu tr.im umgeschaut, denn schließlich bleibt das Problem der „unhandlichen“ URLs beim Twittern bestehen. Aus der Diskussion um tr.im las ich heraus, dass bit.ly scheinbar der von Twitter selbst präferierte URL-Verkürzer sei. Kurzerhand legte ich mir dort einen Account an, da man so auch die von mir gern mal begutachteten Statistiken zu seinen verkürzten URLs (Wieviele Klicks und von wo) einsehen kann. Trotzdem bleibt für mich ein mulmiges Gefühl: Was passiert, wenn bit.ly die Gunst von Twitter verliert und ggf. in einem Jahr auch vor dem Aus steht? Kann man mit dem Verkürzen von URLs grundsätzlich Geld verdienen (m.E. ja, z.B. durch das Einblenden eines kleinen Werbebanners über der weitergeleiteten Webseite – ähnlich wie bei tweetalink)

Zu 3.: Dies führte mich zu der Frage, wozu verwende ich eigentlich einen Kurz-URL-Dienst oder besser: Welche Rolle spielt das Versenden von URLs über Twitter innerhalb meines persönlichen Wissensmanagement (PWM) und was sollte ich tun damit die so verwalteten Links auch dauerhaft erreichbar bleiben?

Zunächst einmal möchte ich „schnell“ Informationen über Twitter in meinem Netzwerk streuen – schließlich lebt Twitter auch von der Aktualität. Da mir weiterhin nur 140 Zeichen zur Verfügung stehen und ich meine Links nicht unkommentiert posten möchte, komme ich am Verkürzen der URLs also nicht vorbei.

Zum Anderen erfüllt das Twittern von Links inzwischen eine Art „Ablegen von Lesezeichen“ für den späteren Gebrauch. Häufig twittere ich Paper oder spannende Fundstücke die ich mir irgendwann genauer anschauen möchte. Vor dem tr.im-Aus war mir dabei gar nicht so richtig bewusst, dass damit die Rolle von delicious innerhalb meines PWM ein Stück weit untergraben wurde. Nur sporadisch bookmarke ich noch die wirklich wichtigen Links nochmal (!) extra bei delicious.

Im ganzen Trubel um das lahm gelegte Twitter Ende letzter Woche bloggte Jonas von einer verpassten Chance von delicious bei der Integration des Microblogging-Dienstes. Erst heute habe ich die Funktion genauer unter die Lupe genommen und muss abweichend zu Jonas von einer gelungenen Verschmelzung der beiden Dienste sprechen.

Seit Jahren verwende ich nun schon das Firefox-Add-on von delicious, um direkt Seiten bookmarken zu können und um außerdem schnell auf meine Lesezeichen zurückgreifen zu können. Mit der letzten Aktualisierung des Add-ons steht mir nun auch der neue „Send“-Dialog zur Verfügung, der mir nach Eingabe meiner Login-Daten von Twitter sowie der Abgabe einer gesonderten Anmerkung das Posten des Links ins Twitterverse ermöglicht (s. Bild). Verwendung findet hierbei der eigene URL-Verkürzer „http://icio.us“.

Im Hinblick auf mein PWM lösen sich hiermit gleich mehrere Probleme:

  1. zentrale Verwaltung aller meiner Bookmarks
  2. Möglichkeit Bookmarks direkt zu twittern
  3. BackUp-Möglichkeit aller meiner Bookmarks¹ und damit
  4. unabhängig vom Aus eines einzelnen Dienstes (!).

Zwar habe ich nun keine Klickstatistik mehr (vielleicht kommt die ja noch), aber dafür ein ruhiges Gewissen über die Erreichbarkeit meiner Bookmarks.²

¹Harald Jarche schrieb heute auch über das Aus von tr.im („Where is your data?„) und erwähnte beiläufig die mir bisher unbekannte Funktion zum Exportieren seiner Bookmarks aus delicious als HTML-Datei.
²Hoffen wir nur, dass das heute einmal misslungene Erstellen einer Kurz-Url über delicious eine Ausnahme bleibt.

Update 2009-08-14

Wie unten im Kommentar von Klaus zu lesen ist, wird tr.im wohl nun auf Grund des vielen positiven Feedbacks im eigenen Blog nun doch weitermachen. Das Ganze klingt nun ein bissl nach einem schlechten PR-Scherz, wie auch Michael Friedrichs von basicthinking meint; für mich ändert sich dadurch aber nichts: Ich werde von nun an für Links die ich langfristig absichern und auch ins Twitterverse einbringen möchte delicious mit der „Send to“-Funktion verwenden. Und wenn es nur um die schnelle Verbreitung einer Info geht kommt bit.ly zum Einsatz.

11 Gedanken zu „When URL-Shorteners shorten your data

  1. Matthias Heil

    Das tr.im-Aus hat mich aukch ein wenig erschreckt (toller Service, schöner als bit.ly), obwohl es ja schon seit langer Zeit mahnende Stimmen zum URL-Shortening gibt. Für mich habe ich das URL-Handling so gelöst: Meine Tweets kommen über Twitterfeed meist aus dem GoogleReader (Shared Items), so dass sie im Not-/Ausfall des damit gekoppelten Kürzungs-Services auch dort relativ gut wiederauffindbar sind. Über mein Blog (das ich überwiegend über das Firefox-Delicious-Addon als eine Art Notizbuch mir wirklich aufhebenswerter Fundstücke betreibe) speichere ich Twitter-Tagesupdates, so dass auch die Blogsuche vergessene getweetete Seiten (neben GoogleReader auch aus TwitterBar, StumbleUpon), die vielen RTs und Kurzunterhaltungen (Twitter hält „nur“ die letzten 2000 zum Abruf bereit!) finden hilft. – Die neue Delicious-Tweetfunktion macht für die auf mein Blog linkenden Tweets zwar den Twitterfeed-Service überflüssig, aber ich scheue noch etwas vor Veränderungen zurück, da alles momentan rund läuft. – Ich würde bei der nächsten Umstellung auch eher von Delicious zu diigo wechseln, da dort einfach mehr Leben und Kollaboration möglich (v.a. das Seitenmarkup ist sagenhaft) ist – da lassen sich auch 2000 statt 1000 Buchstaben mitabspeichern, aber leider gibt es im entsprechenden Firefox-Addon (noch) keinen „Remaining Characters-Countdown“… grundsätzlich bemühe ich mich bei Beiträgen mit gekürzten URLs um Zitat der Überschrift, so dass notfalls auch per Suchmaschine verloren Geglaubtes wieder ans Tageslicht kommt…

    1. Thomas Beitragsautor

      Hallo Matthias,

      dein Vorgehen zur Vermeidung eines Datenverlustes bei Wegfall eines Dienstes klingt viel versprechend.

      Tweetfeeder hatte ich gar nicht mehr auf dem Schirm, scheint aber auch eine interessante Methode zu sein – gerade in Verbindung mit Google Readers Shared Items.

      Beste Grüße,
      Thomas

  2. kaputt

    ich halte die schnittstelle zwischen delicious und twitter auch noch nicht für optimal. zu den problemen siehe auch die diskussionen im forum (1). neben der fehlenden autorisierung via oauth fehlt auch die möglich automatisch den titel der website zu twittern. dafür wäre der umweg über twitterfeed (2) möglich. so ließen sich alle (3) oder auch ganz bestimmte links (4) via twitter verbreiten. und twitterfeed unterstützt u.a. den großen statistiker unter den url verkürzern: bit.ly.

    der aktuelle fall von tr.im verdeutlicht mal wieder, dass verkürzte urls nur verwendet werden sollten, wenn es nicht anders geht. und in blogs haben sie daher nix zu suchen.

    und nicht nur die von den delicious bookmarks lässt sich einfach eine sicherheitskopie erstellen, auch tweets und favoriten können in tagebuchform als .pdf exportiert werden (5). mit tweetake können zudem auch friends/followers/dms als tabelle gesichert werden (6).

    1 – http://support.delicious.com/forum/search.php?PostBackAction=Search&Keywords=twitter&Type=Comments&btnSubmit=Search

    2 – http://twitterfeed.com

    3 – http://feeds.delicious.com/v2/rss/thbernhardt?count=15

    4 – http://feeds.delicious.com/v2/rss/thbernhardt/Twitter?count=15

    5 – http://tweetbook.in/

    6 – http://tweetake.com/

    1. Thomas Beitragsautor

      Hallo „kaputt“,

      ich hab mir heute morgen Twitterfeed einmal genauer angeschaut und finde diese Variante wirklich spannend. Allerdings entspricht diese Art der automatisierte Veröffentlichung nicht ganz meinen Vorstellungen (zumal hierbei eine Verzögerung von bis zu 1 h auftritt – spricht gegen die Aktualität von Tweets). Natürlich kann ich über die Einschränkung auf einen bestimmten Tag, wie von dir beschrieben, nur eine Auswahl meiner Bookmarks automatisiert twittern, aber was ist, wenn ich eben nicht den Titel der Quelle im Tweet haben möchte sondern eine persönliche Anmerkung sowie bestimmte Hashtags? Das ist auch der Grund, warum ich die derzeitige Lösung von delicious gar nicht so schlecht finde – sicherlich sollte die OAuth-Autorisierung noch folgen.

      Beste Grüße,
      Thomas

      PS: Sorry, dass dein Kommentar erst jetzt veröffentlicht wurde, aber Akismet bewertete deinen Kommentar (durch die vielen Links) direkt als Spam und schob ihn nicht erst in die Moderation.

  3. Tim Schlotfeldt

    jftr, es gibt auch URL-Dienste, die ihre Datenbank als open source zum Download zur Verfügung stellen. identi.ca-Gründer Evan Prodromou hat beispielsweise http://ur1.ca/ am Start (wenn man so etwas schon verwenden muss).

    -Tim

    1. Thomas Beitragsautor

      Hallo Tim,

      stimmt, das ist auf alle Fälle ein Schritt in die richtige Richtung – in den Kommentaren des tr.im-Blogs wurde übrigens stark moniert, dass man bereits jetzt nicht einmal mehr Zugriff auf seine bereits angelegten URLs hat, um sie ggf. zu exportieren. Bei ur1 viel mir gerade noch auf, dass man nur die „komplette“ Datenbank herunterladen kann, was einem das Wiederfinden der eigenen URLs erschweren dürfte.

      Gestern hatte ich noch ein ähnliches Projekt gefunden: „TightURL – A PHP/MySQL-based Blind Redirection Service“. Hier hätte man die Möglichkeit – wenn ein eigener Webserver zur Verfügung steht – seinen persönlichen Kurz-URL-Dienst aufzusetzen. Die Methode empfinde ich dann allerdings als „too much“.

      Beste Grüße,
      Thomas

  4. Helge

    Das Problem mit der Short-URL ist nicht von der Hand zu weisen. Ich hab die immer nur für temporäre Sachen verwendet, um z.B. jemandem in einer E-Mail einen überlangenURL mit Komplikationen beim Öffnen zu ersparen.

    Urls wandern immer nochmal bei mir zu delicious. Und auch da mache ich in mehrmonatigen Abständen einen EXPORT als Backup. Was genauso heikel ist – wenn wir schon dabei sind – Domainnameserver (DNS), also auch die Server die Internet-Service Anbieter betreiben, sind ja auch nur eine Art „Adressverkürzer“. Wenn ich also http://www.google.de eingeben schaut der DNS nach welche IP-Adresse (z.B. 200.117.13.7) dort hinterlegt ist. Niemand speichert sich die IP-Adressen alle immer nur die domainnames. Dabei wäre es für den Browser UND delicious ein Kleines die IP mitzuspeichern!!!

    Wird aber nicht gemacht, von keinem Browser den ich kenne! Sollte der DNS nämlich mal ausfallen oder manipuliert worden sein, würde sich eine IP-Adresse als wertvolles Backup erweisen.

    Die Dimension der DNS ist jedoch ungleich größer, da ja quasi JEDE URL darüber läuft. Ich kenne niemanden der IP’s notiert und aufruft (außer 127.0.0.1 oder 192.168.x.y). Die macht die ein DNS-Server hat ist die exakt gleiche die URL-Shortener haben. Ein Lookup-Dienst eben.

    meine 2 cent

    1. Thomas Beitragsautor

      Hallo Klaus,

      danke für den Hinweis! Das ist ja wirklich sehr interessant – klingt jetzt irgendwie stark nach Betteln um Aufmerksamkeit von tr.im.

      Bei mir hat es auf alle Fälle das Gegenteil bewirkt bzw. zum Umdenken beim Umgang mit Short-URL-Diensten geführt: nutze für wichtige Links delicious mit der „Send to“-Funktion und für „Reinreichungen“ ins Twitterverse „bit.ly“. Hoffen wir für tr.im, dass sich jetzt nicht noch mehr vom Dienst abwenden.

      Beste Grüße,
      Thomas

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