Google-Datenschützer fordert kompetente Internetnutzer

Auf zeit.de ist heute ein interessantes Interview mit dem obersten Datenschützer von Google Peter Fleischer erschienen. Er berichtet vom „Krankenakten-Experiment“ an einer Klinik in Cleveland (USA) und darüber, wie man mit personenbezogenen Daten bei Google umgeht.

Zum Schluss gibt er noch einen sehr wichtigen Hinweis zur Internetnutzung in fünf Jahren:

Menschen werden in dieser Zeit einen immer größeren Teil ihres Alltags ins Internet verlagern. Privat und geschäftlich. Deshalb müssen Menschen besser lernen, ihre Privatsphäre in der digitalen Welt zu managen. Sie müssen lernen, wann sie anonym bleiben wollen und wann sie identifiziert werden möchten. Ich als Datenschützer bei Google wünschte mir, mehr Menschen würden die Möglichkeiten zum detaillierten Schutz ihrer Privatsphäre kennen und bewusst nutzen. Nehmen Sie die sozialen Netzwerke, zu denen auch unser Dienst Orkut gehört. Junge Leute ärgern sich später darüber, welche Partyfotos sie ganz öffentlich ins Netz gestellt haben. Sie sollten von vornherein die Datenschutz-Einstellungen nutzen, denn dafür wurden sie gemacht!

Hier kann man Herrn Fleischer nur Recht geben! Der Aufbau von Medienkompetenz bei allen Internetnutzern sollte in Zeiten des Web 2.0 höchste Priorität haben, damit später nicht das böse Erwachen kommt …

6 Gedanken zu „Google-Datenschützer fordert kompetente Internetnutzer

  1. Gunther Kreuzberger

    Hi folks,

    mit den Ausgaben 19 bis 21 der Wochenzeitung „Die Zeit“ wird ein dreiteiliges Internet-Spezial ausgeliefert. Darin beschäftigen sich zahlreiche Artikel mit Datenschutz-Fragen. Interessant ist, dass Datenschutzaktivisten und Datenschützer durchaus unterschiedliche Einstellungen zum Thema Datenschutz vertreten. So ist das Interview mit dem Datenschutzaktivisten padeluum auf Seite 15 in Teil 1 des Spezials sehr treffend mit „Niemals ohne Pseudonym“ betitelt. Darin wird die Empfehlung ausgesprochen, dass man „…so wenig wie möglich [von sich] preisgeben…“ sollte.
    Demgegenüber rät der Datenschützer Sean Hastings im Interview auf Seite 11 im zweiten Teil des Internet-Spezials, „…nur noch wirklich Wichtiges geheim zu halten…“. Er begründet seine Position mit der Meinung, das es im Internet “ … sowieso kein Privatsphäre mehr [gibt]…“ Seine Vorschläge zum Umgang mit der internetten Freizügigkeit sind sehr kurios, z.T. sogar amüsant.

    Dazu passend äußert sich an anderer Stelle im Spezial (Teil 2, Seite 9, letzter Absatz) S. Neudecker ein wenig resigniert: „Das allzu große Bedürfnis vieler Mitmenschen, sich endlich auch einmal mitteilen zu können, wird das subjektive, gesellschaftlich anerkannte Gefühl von Privatspäre immer weiter durchlöchern. Es ist zu hoffen, dass irgendwann, wenn alle Abtreibungen und Seitensprünge gestanden wurden, im Netz endlich wieder erholsame Stille einkehrt.“ – Eine faszinierende Vorstellung, oder? Das Internet als Ort der Stille und Erholung – wenigstens für einen Moment.

    1. Marcel

      Hallo Gunther,

      vielen Dank für die wertvollen Informationen! Nicht zuletzt auf dem EduCamp wurde in zahlreichen Diskussionen deutlich, dass das Thema derzeit stark polarisiert.

      Ich persönlich erachte im Rahmen meiner E-Portfolio-Forschungen proaktives Verhalten im Netz unter einem Klarnamen für äußerst sinnvoll. Ähnlich sieht es auch Jeff Jarvis, Professor für interaktiven Journalismus an der City University of New York und Medienblogger in diesem Zeit-Interview: http://www.zeit.de/video/player?videoID=20080430cbcc33&from=rss

      Frohe und sonnige Pfingsten!
      Marcel

  2. Helge Städtler

    Ich möchte zu zwei Punkten Stellung nehmen. Unter anderem zu dem einen Punkt der immer wieder angeführt wird, WARUM man sich schützen sollte und mit dessen Begründung/Inhalt ich nicht einverstanden bin.

    1) Es wird oft gesagt, dass Partyfotos oder Ähnliches einem quasi das Leben ruinieren, wenn sie bei Google & Co landen

    Diese Art zu Denken finde ich vollkommen bedenklich, denn ob ein Bild über mich dazu gereicht mein Leben zu ruinieren, ist in erster Linie ein gesellschaftliches Problem, kein technisches Problem des Datenschutzes.

    Wenn die Gesellschaft so gemein ist, jemandem nach einem zufällig bei Google gefundenen Bild zu bewerten, dann ist mit der Gesellschaft etwas nicht in Ordnung und nicht etwa bei Google etwas völlig schief gelaufen.

    Dieses Argument ist also vollkommen dumm, denn letztlich löst man mit Geheimhaltung seines Lebens nichts außer dass wir alle UNFREI werden. Schöner wäre es doch wohl, wenn Gesellschaft das Leben der Einzelnen mit allen Facetten zulassen würde. Alles andere sehe ich als vorauseilenden Gehorsam an, der Angst schürt. Und Angst ist ein denkbar schlechter Begleiter für’s Leben.

    2) Ich stimme nicht mit padeluun überein, dass alles nur noch per Pseudonym gemacht werden sollte. Wann wurden denn in der Vergangenheit Pseudonyme oft genutzt? Doch meistens in UNFREIEN Gesellschaften. Zum Beispiel während der NS-Zeit. Da haben viele Kreative doch ihre Werke oft unter Pseudonymen verbreitet. Doch was soll das helfen? Das Problem bleibt bestehen: Gesellschaft sollte einfach Vielfalt akzeptieren und auch das private Leben des Einzelnen respektieren und unterscheiden können vom beruflichen Engagement.

    Meine 2 cents,
    Helge

    1. Thomas Beitragsautor

      Hallo Helge,

      ich kann dir beim ersten Punkt nur bedingt zustimmen. Klar ist es eine kritisch zu beobachtende gesellschaftliche Erscheinung, wenn über ein („unvorteilhaftes“) Partybild eine Person direkt abgestempelt wird. Jedoch wirst auch du dir sicherlich über einen Kollegen so deine Gedanken machen, wenn du ihn bei Goolge auf Fotos nur koksend und sturzbesoffen findest, oder?

      Ich hatte bei der ganzen Datenschutz-Debatte bisher immer zwei Sichtweisen:

      a) technisch/rechtlich: Dienste, die ich zum Verbreiten/Teilen meiner privaten Daten (Bilder, Videos, Texte, usw.) nutze, müssen einerseits allgemein gültige Datenschutzrichlinien beachten und mir andererseits stets die Möglichkeit geben, den Zugriff auf meine Daten zu beschränken, z.B. nur ich, ein bestimmter Nutzerkreis (z.B. meine Freunde), die Welt…

      b) persönlich: Meiner Auffassung nach sollte sich jeder vorm Posten von persönlichen Daten im Klaren darüber sein, dass er/sie im INTERNET unterwegs ist und hier eben bei Unvorsichtigkeit nicht nur meine besten Freunde Zugriff auf meine Partyfotos haben, sondern JEDER! Hierzu muss ein Bewusstsein entwickelt werden, dass man im Netz sichtbar ist und Spuren hinterlässt. Wenn man nicht den Eindruck hinterlassen will, dass man jedes Wochenende blau ist, dann sollte man sich proaktiv um ein „realitätsnaheres“ Abbild seiner Selbst im Netz kümmern. Damit meine ich nicht, dass man im Netz schwindeln oder beschönigend agieren soll. Vielmehr sollte man nicht nur zeigen, dass man gerne mal „einen über den Durst trinkt“, sondern parallel hierzu vielleicht auch ein Ass auf seinem beruflichen/fachlichen Gebiet ist…

      Beste Grüße,

      Thomas

      1. Helge

        Ich finde schon auch, dass man sich vor dem Schreiben eines Beitrags überlegen sollte, ob man das, was man da grade schreibt, der ganzen Welt sagen/zeigen will. Das ist sicher auch wirkungsvoll. Wer nicht im Netz auffindbar sein möchte, der kann das aber nur sicherstellen, indem er nicht daran teilnimmt.

        Ein Pseudonym ist schon nett, aber wenn ich irgendwo die Verbindung zwischen Psudonym und realer Person finde, was nutzt dann das Pseudonym noch? Dann hätte ich auch gleich unter meinem volen Namen posten können.

        Viele Netznutzer wissen allerdings tatsächlich nicht, was alles an Daten über sie allein beim Surfen erzeugt werden. Die Weblogstatistiken die jeder Blogbetreiber einsehen kann geben ja genug Auskunft, wo ein Besucher herkam, was er angeklickt hat usw.

        Da steht zwar nicht direkt der Name dran, aber indirekt kann man meistens doch rausfinden, wer das wohl war.

        Was Du sagst mit dem Veröffentlichen von Dingen, die einen fachlich vieleicht auszeichnen, kann ich nur unterstützen. Je mehr man selbst in die Hand nimmt, was im Netz über einen zu finden ist, umso weniger ist das eigene Bild im Netz vom Zufall bestimmt.

        Suchmaschinen wie z.B. YASNI.de (siehe auch mein Beitrag zu Suchmaschinen) schaffen hinsichtlich nicht mehr vorhandener Privatheit jedoch gänzlich neue Fakten. Und wie soll man sich vor einer dedizierten Personensuchmaschine anders schützen, als NICHT am Internetleben teilzunehmen?

        Das kann irgendwie ja keine Lösung sein, Nichtnutzung des Netz, oder?

        1. papaschlumpf

          Hallo zusammen,

          die Diskussion ist sehr interessant und mehr zufällig zu einem meiner „Steckenpferde“ geworden.
          Zu dem was Helge zu Punkt 1 sagt muss ich anmerken: Er hat absolut recht. Es wäre wünschenswert, wenn Bilder, Beiträge und sonstiges im Netz anders bewertet werden würden.
          Es ist quasi eine Selbstverständlichkeit, dass jeder von uns in seiner Freizeit schon Dinge getan hat, die gesellschaftlich nicht als positiv gesehen werden. Fast jeder hat schon einmal Einen über den Durst getrunken oder ist zu schnell Auto gefahren. Darüber besteht glaube ich Einigkeit. Die Frage wie die Gesellschaft solches Verhalten einordnet, ist meiner Meinung nach sehr unterschiedlich. Im privaten Rahmen wird darüber geschmunzelt oder sogar damit kokettiert, in der Öffentlichkeit wird solches Verhalten abgelehnt und negativ sanktioniert. Das ist bestimmt verlogen und pharisäerhaft, aber so schnell nicht zu ändern.
          Man kann ja von Idealzuständen träumen und darauf hinarbeiten, im Alltag halte ich es jedoch für sinnvoll sich der Realität zu stellen. Wir haben eine weitgehende Freiheit in unserem Leben, müssen jedoch immer mit den Folgen leben.
          Ich habe persönlich nicht das Gefühl, dass unsere Gesellschaft schon soweit ist, mit dieser Flut an privaten Daten im Netz vernünftig umzugehen. Zumal sich mir die Frage aufdrängt, warum ich mein Privatleben im Netz veröffentlichen soll?
          Das weckt in mir keine Angst, aber eine gewisse Vorsicht. „Mut ist die Dummheit die Gefahr nicht zu erkennen“.

          zum Punkt 2: Pseudonyme ermöglichen einen Gedankenaustausch mit vielen Personen, ohne dafür direkt zur Rechenschaft gezogen zu werden.
          Der persönliche Gesprächskreis ist ja aus der Mode gekommen und man kommuniziert über Foren und Blogs. Das ist wahrscheinlich ein Zugeständnis an die schnelle und mobile Welt in der wir leben. Dies bedeutet allerdings meistens, dass die Diskussionen öffentlich geführt werden und der Leserkreis unübersichtlich wird. Die Suchmaschinen machen jeden kleinsten Satz auffindbar, den man je im Netz von sich gegeben hat. Es geht nicht darum unter Pseudonym „als Onlineterrorist“ Dinge zu verbreiten zu denen man nicht steht, aber es muss doch nicht jeder gleich meine Meinung zu allen Themen dieser Welt kennen.
          Wenn eine Verbindung zwischen Pseudonym und dem realen Namen auffindbar wird, hat man etwas falsch gemacht. Das kommt leider vor, man macht selber Fehler oder ein „dummer“ Zeitgenosse denkt nicht darüber nach, was er schreibt.Es baut aber immer noch eine Hürde auf und ist besser als kein Schutz.

          Beste Grüße Papaschlumpf

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