In den vergangenen drei Tagen (12. bis 15.09.) fand an der Universität Zürich die 15. Jahrestagung der Gesellschaft für Medien in der Wissenschaft (GMW) statt. Nicht ganz unumstritten wurde hierbei die Pre-Conference am Montag unter dem Motto „EduCamp meets GMW“ als Un-Conference aufgezogen. Die beiden zentralen Ziele waren hierbei zum einen die Annäherung beider Communities sowie zum anderen das Format „Un-Conference“ innerhalb bzw. vor einer klassischen Konferenz zu testen. Steht die GMW-Jahrestagung eher für die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Themen rund um die technologiegestützte Forschung und Lehre und dies im klassischen Konferenzkleid mit einer relativ homogenen Zielgruppe, zieht das EduCamp eher Studierende, LehrerInnen, JungwissenschaftlerInnen, Freischaffende, Start-Ups, Kreative usw. an, die sich eher allgemein für die Themen rund um das technolgiegestützte Lernen, insbesondere im Zusammenhang mit Web 2.0, interessieren.
Das Ziel der Annäherung konnte meiner Einschätzung nach nur bedingt erreicht werden. Das „typische“ EduCamp-Publium nahm nicht oder nur sehr begrenzt teil. Ich denke hierbei nicht, dass der Unkostenbeitrag von 30 CHF der ausschlaggebende Grund war, da ich in mehreren Gesprächen auf vorherigen EduCamps stets das Feedback erhielt, dass auch ein kleiner Betrag für Verpflegung durchaus nicht abschreckend wirken würde, obwohl es dem kostenlosen Zugang zu BarCamps widerspräche. Sicherlich spielte auch der lange Weg und die zugegebenermaßen teure Umgebung (Zürich ist wirklich ein teures Pflaster) eine Rolle, vielleicht auch die parallel stattfindende DeLFI. Ich vermute den Grund eher darin, dass sich die EduCamp-Community vor einer klassischen Konferenz positioniert nicht so aufgehoben fühlte. Ich persönlich fühlte mich dagegen sehr wohl gut aufgehoben als „EduCamper“, obwohl ich mich zugegebener Maßen eher zwischen den beiden Welten einordnen würde. In Zukunft muss man hier vielleicht noch mehr aufklärend einwirken und mehr die Vorteile eines solchen Aufeinandertreffens darstellen – in Richtung: Praxis trifft Forschung. Was meint ihr?
Das zweiten Ziel hingegen wurde vollständig erreicht: Die Un-Conference Elemente wurden von den typischen Konfernz-Teilnehmern sehr gut umgesetzt. Nach der üblichen 3-Schlagworte-Vorstellungsrunde, an der rund 50 Personen teilnahmen, wurden von den 30 zur Verfügung gestellten Sessionsslots stolze 20 mit den verschiedensten Themen gefüllt. Zwei thematische ähnlich ausgerichtete Session wurden spontan zusammengelegt zu Doppelsession. Für das erstmalige Testen dieser Veranstaltungsform ist dies wirklich toll. Innerhalb der Sessions wurden die Hinweise der offenen Atmosphäre durchaus berücksichtigt: neben kurzen Impulsvorträgen oder Präsentationen gab es Diskussionsrunden und Workshops.
Anschließend an die Sessions fand das von Sandra Hofhues und Thomas Sporer moderierte Format des Bildungssofas statt und das auf einem wirklich klasse Sofa (Bilder ergänze ich noch). Auch dieses offene Format kam beim Publikum gut an. Den Abschluss bildete ein Apero (kannte den Begriff bisher nicht) zum Vertiefen der neuen und bestehenden Kontakte. Eine Teilnehmerin kam in einem Gespräch sinngemäß zu folgendem Fazit, dem ich mich nur anschließen kann:
Im Gegensatz zu den bisher stattgefundenen Thementischen als Pre-Conference der letzten GMW-Jahrestagungen, bei denen man nur einen kleineren Kreis an Personen vorab näher kennenlernte, gelang es zunächst über die Vorstellungsrunde schnell TeilnehmerInnen mit ähnlichen Interessen mit einem Gesicht zu verbinden und anschließend in den offenen, hierarchiefreien und partizipativen Sessions sich zu gemeinsamen Themen und neue Ideen auszutauschen. So hatte man bereits am ersten Tag das Gefühl alle für einen wichtigen Kontakte getroffen zu haben.
Diese Erfahrung bestätigte sich dann am nächsten Tag, da man bereits einen Kern der TeilnehmerInnen „kannte“ und sich so etwas beruhigter in die Konferenz stürzen konnte. Schließlich ist eines der zentralen Outcomes von Konferenzen das „Networking“.
Aber natürlich konnten auch die EduCamps von diesem Zusammentreffen etwas lernen, so hat es das erste Mal geklappt eine zufriedenstellende Dokumentation zu realisieren. Angefangen in der Session von Basti Hirsch zum Leitmedienwechsel, als er zur Dokumentation „PiratePad“ (Nachfolge von Etherpad) einführte, verbreitete sich wasserfallartig in den darauf folgende Sessions diese kollaborative Mitschriftsform. In Aachen (vom 5. bis 7. November 2010) wird sich zeigen, ob sich diese Art der gemeinschaftlichen Dokumentation im Zusammenhang mit der „Sessionpatenschaft“ durchsetzt oder ob es doch eher am anderen Publikum lag.
In der abschließenden Podiumsdiskussion – die sehr interaktiv stattfand – wurde von Peter Baumgartner angemerkt, dass die Beschränkung auf 45 Min. eine vertiefende Auseinandersetzung eines Themas – eventuell bis hin zu einer gemeinsamen Projektidee – verhinderte. Die Zeit reichte meist nur zum „Andiskutieren“. Gabi Reinmann ergänzte, dass man bei der ganzen Diskussion über die geeigneten Formate nicht die Inhalte aus den Augen verlieren darf. Beiden Punkten kann ich mich nur anschließen und zumindest zum ersten Punkt ergänzen, dass für eine Vertiefung eventuell das Mixxt-Forum genutzt werden kann.
Weitere Vorschläge aus dieser Diskussion für kommende GMW-Jahrstagungen waren:
- Verzicht auf das Label „Pre-Conference“, besser gleich drei Tage für Konferenz reservieren
- Irritation erzeugende Keynote ganz zu Beginn (vergleichbar zur Podiumsdiskussion auf EduCamp) als Anreiz auch zum ersten Tag zu kommen
- anschließend am ersten Tag „Un-Conference“ zum Ideen-Austausch und Kennenlernen
- Tag 2 und 3 reguläre Konferenz mit herkömmlichen Sessions, aber auch interaktiven Elementen (Bildungssofa, Learning Café, …)
- Tagungsband spätestens eine Woche vor der Tagung als PDF zur Verfügung stellen und Referenten bitten nicht Paper „vorzulesen“, sondern darüber hinaus Infos anzubieten (Beat Doebli Honegger), allerdings sollte der Nachwuchs dabei nicht überfodert werden [inzwischen steht der Tagungsband online]
Im kommenden Jahr findet die GMW-Jahrestagung wieder zusammen mit der DeLFI in Dreden statt (5. bis 8. September 2011). Allein durch das Aufeinandertreffen mit der eher technisch ausgerichteten Community erhoffe ich mir wieder einen sehr fruchtbaren Austausch. Ich wünsche mir, dass die Veranstalter auch dort wieder „Un-Conference“-Elemente einbauen. Ganz nach dem Motto: EduCamp meets GMW meets DeLFI…
PS: Und vielleicht klappt es dann ja auch wieder mit dem Twittern 😉
[Update 2010-09-17] Wie in den Trackbacks zu lesen, gibt es bereits weitere Rückblicke auf die GMW10: Gabi Reinmann, Kerstin Mayrberger, Mandy Schiefner, Ralph Müller, Sandra Hofhues … (weitere folgen sicher noch).
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